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22. September 2021

Das Kristallschloss und die Liebe

In einer Meditation vor vielen Jahren kam ein großer weißer Vogel und bot mir an, auf seinem Rücken Platz zu nehmen. Er flog mit mir geradewegs in den Himmel und immer weiter, bis zu einem großen Kristallschloss. Dieses Schloss war bis unter die Decke und bis in den letzten Winkel vollgestopft mit Geschenken. Ich erhielt den „Auftrag“, diese Geschenke auf der Erde zu verteilen. Prompt kamen in mir die „Ja-Aber“: Ich weiß ja nicht, welches Geschenk wer bekommen soll, und es sind zu viele, das kann ich niemals schaffen. Und zuletzt: Ich habe gar keinen Schlüssel. Nun ja, so schnell wie meine Einwände da waren, kamen auch die Antworten: Die Geschenke verteilen sich von selbst, überall dort, wo du mit Menschen zusammen bist. Es ist also für dich kein Aufwand mit dem du dich beschäftigen musst, es geschieht quasi von selbst. Und den Schlüssel legen wir in dein Herz. Schwupp da war er und der weiße Vogel nahm mich zurück zur Erde.

Mittlerweile glaube ich, dass jeder Mensch mit so einem Geschenke-Schloss auf die Welt kommt. Wir könnten alle in Fülle leben, aber wir haben die Verbindung verloren. Doch der Himmel ist nur in unserer Vorstellung von uns getrennt. Man hat uns gesagt, wir müssten etwas tun oder irgendwie sein damit wir in den Himmel kommen. Wir müssten kämpfen und brav sein und wären nicht richtig so, wie wir sind. Und so rennen wir und machen und tun um endlich mal anzukommen, dabei ist doch alles schon da! Der Himmel war schon immer da! Der Himmel hat schon immer das Leben auf der Erde beschützt. Wir können auf der Erde leben und gleichzeitig mit dem Himmel in Verbindung sein. Wir sind nicht getrennt, wir müssen nicht im Dunkeln leben und auf das Licht warten und erst recht nicht etwas dafür tun. Wir können uns entspannen und ankommen, wo wir schon sind. Das Kämpfen und Rennen kann aufhören. Und dann? Einfach sein und uns gegenseitig beschenken? JA!

Was ist ein Geschenk?

Wie funktioniert schenken und beschenkt werden und welche Hindernisse und Vorstellungen verhindern echtes Schenken?

Wikipedia sagt dazu: „Ein Geschenk (von (ein)schenken, also dem Bewirten eines Gastes) ist die freiwillige Eigentumsübertragung einer Sache oder eines Rechts an den Beschenkten ohne Gegenleistung – also unmittelbar zunächst kostenlos für den Empfänger. Im übertragenen Sinne kann man auch jemandem seine Aufmerksamkeit, sein Vertrauen oder seine Liebe schenken.
Schenken kann ein Ausdruck altruistischen Handelns sein. In diesem Fall will der Schenkende dem Beschenkten uneigennützig eine Freude bereiten. Schenken kann aber auch einen gewissen sozialen Druck auf den Beschenkten ausüben, dem Schenkenden seinerseits für eine Gegenleistung („Bestechung“) verpflichtet zu sein. Angenommene Geschenke verpflichten, denn sie sind vom Schenkenden immer mit einer Erwartung an den Beschenkten verbunden; sie sind also – soziologisch betrachtet – eine soziale Sanktion, die eine soziale Antwort verlangt, etwa eine Dankesgeste, eine Gegengabe, eine freundlichere Einstellung zum Schenkenden oder das Einstellen feindseliger Handlungen.“

Ist jetzt ein Geschenk bedingungslos, ohne Gegenleistung oder ist es eher ein Handel: Geb ich dir, hast du auch mir zu geben? Gibt es bewusste oder unbewusste Erwartungen? Und wie kann ich den Unterschied feststellen? Woher weiß ich, dass keine Gegenleistung erwartet wird? Und wie ist das mit dem Verschenken von Aufmerksamkeit, Vertrauen und Liebe?

Aus meiner Sicht ist ein Geschenk bedingungslos und ohne Erwartung einer Gegenleistung. Sonst würde ich es nicht Geschenk nennen sondern Handel. Trotzdem haben wir Erwartungen oder treten in Vorleistung um etwas zu bekommen. Viele Partnerschaften funktionieren so, auf sehr subtile Weise. Als Kind dachten wir, wir müssten etwas tun, Leistung erbringen, brav sein, still sitzen usw. um Anerkennung und Liebe zu bekommen. Das Belohnungs- und Leistungsprinzip hat dieses Missverständnis hervorgebracht und wir verhalten uns als Erwachsene immer noch so. Können wir denn Anerkennung, Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, Vertrauen oder Liebe wirklich auf diese Weise bekommen oder sogar einfordern?

Ich glaube es gibt Werte, die kann man nur geschenkt bekommen, weil sie sonst ihren Wert verlieren. Und wie wir alle wissen, kann man Liebe teilen, aber für noch so viel Gold und Geld nicht kaufen. Was wir dann kaufen, ist nicht Liebe. Vielleicht schmeckt es so ähnlich, aber es macht nicht satt.

Wie können wir Liebe teilen, wenn wir sie selber nicht haben oder sie mal nicht bekommen haben? Ich glaube hier liegt ein großer Irrtum unserer Kultur. Wir haben sie und hatten sie immer. Wir haben nur die Verbindung verloren und finden den Weg nicht zurück. So viel Angst und Leid ist uns begegnet als wir auf diese Welt kamen. Und immer noch Angst und Schrecken um uns herum. Da ist es schon eine sehr große Herausforderung bei sich und der Liebe zu bleiben. Ja, es wäre schön gewesen in purer Liebe und Achtsamkeit heranzuwachsen, aber so war es nicht. Wir haben uns verloren und wir können uns wiederfinden.

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